Format- und Methodenmix für verschiedene Lernbereiche

Format- und Methodenmix für verschiedene Lernbereiche

Dr. Sebastian Wurster aus dem Institut für Erziehungswissenschaften hat seine Kurse „Leistung, Differenzierung und Beratung“, „Unterricht beobachten, rekonstruieren, initiieren“ und eine Forschungswerkstatt für das Sommersemester digitalisiert. Dabei stand der Mix von Lehr-Lern-Formaten im Vordergrund. Durch enge Teamarbeit wurde der Vorbereitungsaufwand geteilt und die Konzentration auf wenige Lehr-Lern-Tools erleichterte den Überblick für Lehrende und Studierende.

Als klar wurde, dass dieses Semester komplett digital ablaufen würde, was haben Sie persönlich zunächst als größtes Problem angesehen, was waren Ihre größten Bedenken?

S.W.: Die Notwendigkeit der Umstellung der gesamten Lehre auf Onlineformate in kurzer Zeit war eine große Herausforderung, da die Entwicklung digitaler Angebote deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Aufgrund von Vorerfahrung beim Einsatz von LMS in einem anderen Seminarkontext hatte ich zumindest eine Vorstellung davon, wie ein passendes Angebot aussehen könnte. Wichtig war mir ein Angebot zu schaffen, mit dem sich die Studierenden gerne auseinandersetzen und gleichzeitig zu gewährleisten, dass sie es auch tatsächlich tun.

Zudem stand für mich in diesem Semester die Neuentwicklung eines Seminars an, das dann gleich vollständig digital gedacht werden musste. Hier stellten sich mir die Fragen, wie es möglich ist kontroverse Sichtweisen zu diskutieren oder den Aufwand für Feedback und Korrekturen zur Unterstützung des Lernprozesses der Studierenden in vertretbarem Umfang zu halten. Zudem mussten in dem großen Angebot potenzieller Umsetzungsmöglichkeiten die passenden Tools identifiziert werden und die notwendigen technischen Voraussetzungen vorliegen (auch z.B. banale Dinge wie ein funktionierendes Mikrofon etc.). Schwierig war zu Beginn des Semesters die zeitweise Überlastung der Infrastruktur bei Panopto und Moodle.

Andererseits habe ich auch die Chance gesehen Onlinematerialien zu entwickeln, die auch in zukünftigen Veranstaltungen in Flipped-Classroom Settings gut genutzt werden können. Die Möglichkeit mit verschiedenen Formaten zu experimentieren war für mich auch spannend. Gleichzeitig bestand die Gefahr zu viel Zeit in die Umsetzung digitaler Formate zu stecken und sich zu überfordern.

Wie sind Sie dem begegnet? Wie haben Sie Ihre Veranstaltungen digital gestaltet? Welche Medien, Methoden oder Tools haben Sie eingesetzt, um die Studierenden zum Lernziel zu begleiten?

S.W.: Zu Beginn stand die Recherche und Lektüre verschiedener Empfehlungen, Erfahrungsberichten und best-practice Beispiele, um einen Überblick zu bekommen. Dabei habe ich direkt überlegt, ob ein Tool oder Konzept auf meine Seminare anwendbar sind. Hilfreich war dabei u.a. die Unterstützung seitens des Kompetenzteams digitale Lehre an der JGU und des virtuellen Campus Rheinland-Pfalz durch das Angebot verschiedener Software und deren Dokumentation sowie die Möglichkeit Fragen schnell beantwortet zu bekommen. Dem hohen Vorbereitungsaufwand sind wir einerseits in unserem Team begegnet, in dem wir für einzelne Seminare gemeinsam die Inhalte in einem LMS erstellt haben. Darüber hinaus habe ich noch mit Kolleginnen und Kollegen anderer Universitäten bei der Erstellung von Material, automatisiertem Feedback und der empirischen Überprüfung des Lernerfolgs zusammengearbeitet.

Je nach Lernziel und Veranstaltung habe ich verschiedene Tools und Konzepte eingesetzt. Teilweise habe ich auf eine Kombination von asynchronen und synchronen Elementen gesetzt. Neben Materialien (Texte, Podcasts, Erklärvideos, Übungsaufgaben), die in einem LMS (OpenOLAT und Moodle) zum Selbststudium bereitgestellt wurden, habe ich nach bestimmten Phasen verbindliche Feedbacktermine zu Ergebnissen aus Kleingruppenarbeiten angeboten. Das Feedback gab es synchron in MS Teams und ergänzend schriftlich.

Das neu konzipierte Seminar habe ich aufgrund der insgesamt großen Teilnehmerzahl in Anlehnung an MOOCs zum weitestgehend asynchronen Selbstlernen konzipiert. Um in diesem Kontext die Diskussionen, die normalerweise in Seminaren stattfinden, zu kompensieren, habe ich gezielt nach Material (z. B. Homepages, Videos und Texte) gesucht, das kontroverse Debatten dokumentiert und die Studierenden ermuntert mittels Reflexionsfragen sich eine eigene Meinung zu bilden und zu formulieren. Nach jedem inhaltlichen Abschnitt gab es eine solche Reflexionsaufgabe und ein Quiz. Zur Unterstützung des Lernprozesses habe ich unterer anderem auf Übungsaufgaben, interaktive Grafiken, die ich dankenswerterweise nutzen konnte, sowie Peerfeedback und automatisiertes individuelles Feedback eingesetzt. Leider ist es weder in Moodle noch in OpenOLAT möglich den Studierenden Feedback bezüglich ihrer Lernentwicklung zu geben. Dazu habe ich auf ein externes Onlinetool zurückgegriffen, dass einen Vorher-Nachher-Vergleich ermöglicht.

Was haben Sie persönlich für Ihre Lehrtätigkeit mitgenommen? Welche Chance sehen Sie im nachhaltigen Einsatz von digitaler Lehre, z. B. für Studierende oder die Universität?

S.W.: Neben der Erweiterung meiner eigenen Fähigkeiten im Einsatz verschiedenster digitaler Tools, habe ich gelernt, dass Aufgabenstellungen und Lernwege möglichst genau beschrieben werden müssen, um nicht zu viele Rückfragen zu provozieren. Die Beantwortung von inhaltlichen und organisatorischen Fragen habe ich versucht über Foren zu organisieren. Diese kamen in der Realität aber verteilt über verschiedene Kanäle (Foren, Emails und MS Teams). Zudem habe ich festgestellt, dass es noch mehr Zeit für Feedbackgespräche geben sollte, da es hier neben inhaltlicher Rückmeldung auch um die „Beziehungspflege“ zwischen Studierenden und Dozierenden geht, um ein angenehmes Lernklima zu schaffen. In der direkten Interaktion ist es auch viel einfacher Studierende zu motivieren. Freiwillige Aufgaben müssen interessant und motivierend sein, ansonsten werden diese Angebote selten in Anspruch genommen. Dies aber nicht einfach zu bewerkstelligen.

Digitale Formate bieten prinzipiell eine einfache Möglichkeit zu sehen, ob sich Studierende mit den Inhalten auseinandergesetzt haben und – zumindest für einen Teil der Inhalte und Lernziele – wie groß der Lernerfolg war. Eine große Chance für den zukünftigen Einsatz digitaler Elemente sehe ich in der Ausgliederung sich immer wiederholenden Elemente in Selbstlernphasen, damit mehr Zeit für die direkte Interaktion mit den Studierenden jenseits einer reinen Instruktion bleibt. Dies ermöglicht in Präsenzveranstaltungen mehr Zeit für individuelles Feedback und eröffnet die große Chance Freiräume zu schaffen um gezielter auf heterogene Interessen sowie das jeweilige Lerntempo einzugehen.

Für Lehramtsstudierende sehe ich durch die digitale Lehre eine gute Möglichkeit selbst als Lernende digitale Medien zu erleben und daraus Erfahrung für den Einsatz in der Schule sammeln.

Welche Herausforderungen sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt für einen nachhaltigen Einsatz von digitaler Lehre im nächsten Semester und in der Zukunft? Was ist nötig, um diese erfolgreich zu bewältigen?

S.W.: Mein erster Eindruck ist, dass das Semester den Umständen entsprechend gut gelaufen ist. Nichtsdestotrotz geht es jetzt darum die Erfahrungen kritisch zu reflektieren und die Formate anzupassen. Interessant wird sicherlich noch die Auswertung der Hausarbeiten und Reflexionen. Zudem gibt es wenig Wissen über den tatsächlichen Lernweg und die Verwendung des Angebots. Hier könnten bspw. Analysen der Logdaten in den LMS Einblicke gewähren.

Neben dem generellen Überarbeitungsbedarf der Formate, sehe ich insbesondere die Konzentration auf ein einheitliches LMS bzw. nur wenige verschiedene Tools als wichtig an, damit sowohl Studierende wie auch Lehrende den Überblick behalten können. Die damit verbundene Migration zwischen verschiedenen LMS, die Integration externer Tools in die LMS, ausreichend Zeit zum Testen von Übungsaufgaben sind für mich weitere wichtige Punkte.

Eine rein digitale Lehre ist immer mit der Einschränkung mangelnder Interaktion zwischen Lernenden und Lehrenden verbunden. Dies sehe ich als Nachteil, der nur teilweise durch synchrone Formate kompensiert werden kann. Insbesondere für die Studienanfangsphase wäre es wünschenswert Konzepte zu entwickeln, um neue Studierende abzuholen und in den Alltag an der Universität einzuführen.

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