… bis der „Bibeldoktor“ kommt!

… bis der „Bibeldoktor“ kommt!

Dr. Michael Hölscher ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät. Für das Sommersemester 2020 hat er sein Proseminar „Einführung in die Methoden biblischer Exegese kurz „Den Bibeldoktor“ getauft und ein offenes Lernformat geschaffen, das Podcasts und multimediale Online-Handouts mit Austausch und Gruppenarbeiten in MS Teams verband.

Als klar wurde, dass dieses Semester komplett digital ablaufen würde, was haben Sie persönlich zunächst als größtes Problem angesehen, was waren Ihre größten Bedenken?

Ehrlich gesagt habe ich nicht zuerst an die Probleme gedacht (wirklich!), sondern an die vielen Möglichkeiten, die sich bieten. Aus diesem kreativen Schub ist dann der „Bibeldoktor“ entstanden, das Online-Proseminar im Sommersemester.

Ziemlich schnell kam dann aber die Befürchtung dazu, dass in der Fernlehre die Interaktion zu kurz kommen könnte, etwa das spontane Nachfragen und Reagieren, wenn etwas nicht funktioniert. Im Seminarraum ist es für beide Seiten viel leichter, weil die Kommunikation mit weniger Hürden verbunden ist. Und tatsächlich war für mich dann auch die Kommunikation das, was im Sommersemester am meisten Zeit und Energie gekostet hat.

Wie sind Sie dem begegnet? Wie haben Sie Ihre Veranstaltungen digital gestaltet? Welche Medien, Methoden oder Tools haben Sie eingesetzt, um die Studierenden zum Lernziel zu begleiten?

Die Studierenden nicht mit Material zuzukleistern und zu motivieren, das waren wohl meine wichtigsten Ziele im Sommersemester. Die Rückmeldungen haben gezeigt, dass Podcast-Folgen sehr motivierend waren. Jede Woche gab es einen Blog-Beitrag, der mit einem Podcast begann. Danach folgten im Prinzip multimediale Online-Handouts. Sie enthielten eine Mischung aus Text, Grafiken, Videos und kleinen oder größeren Aufgaben.

Damit nicht jede und jeder für sich arbeiten musste, gab es kleine Teams, die über das gesamte Semester hinweg bestimmte Team-Aufgaben gemeinsam gelöst haben. Daneben gab es aber auch individuelle Schreibaufgaben. Auf viele Aufgaben habe ich schriftliche Rückmeldungen gegeben.

Was haben Sie persönlich für Ihre Lehrtätigkeit mitgenommen? Welche Chance sehen Sie im nachhaltigen Einsatz von digitaler Lehre, z. B. für Studierende oder die Universität?

Einige Studierende haben den eigentlich vorgesehenen (analogen) Termin des Proseminars genutzt, um sich mit den digitalen Materialien zu beschäftigen und die Aufgaben zu bearbeiten. Ich selbst war während dieser Zeit über MS Teams für Fragen erreichbar. Derzeit überlege ich, das Vor-Ort-Proseminar in Zukunft auch so zu gestalten. Das heißt: Der Seminarraum wird zum offenen Arbeitsraum für die Studierenden. Ich selbst wäre dann eher Ansprechpartner bei Schwierigkeiten und Fragen. Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber ich hätte Lust, es auszuprobieren.

Welche Herausforderungen sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt für einen nachhaltigen Einsatz von digitaler Lehre im nächsten Semester und in der Zukunft? Was ist nötig, um diese erfolgreich zu bewältigen?

Mir selbst ist aufgefallen, dass ich bei der Fernlehre sehr viel stärker in aufbauenden Schritten denke und sehr genau überlege: Welche Informationen brauchen die Studierenden in dieser oder jener Phase? Dinge wegzulassen, Lehre penibel zu strukturieren und Studierende nicht zu überfrachten, das ist wohl mit am wichtigsten.

Viele Studierende haben zurückgemeldet, dass es ihnen schwer fällt, sich selbst zu motivieren und gut zu strukturieren. Wenn wir solche Rückmeldungen nicht ernst nehmen, habe ich große Angst, dass wir viele unserer Studierenden ganz heimlich, still und leise verlieren. Hier braucht es vermutlich Lehrende, die Rücksicht nehmen, und gute Beratungsangebote der Universität und der Hochschulgemeinden.

Daneben sehe ich – und übrigens auch viele Studierende – großen Schulungsbedarf bei den Lehrenden: Welche Möglichkeiten digitaler Lehre gibt es? Wie spricht man vor der Kamera oder ins Mikro? Wie kann ich mit einfachen Mitteln einigermaßen professionelle Aufnahmen machen? Und vieles mehr. Hier wären mehr Schulungsangebote der Universität wünschenswert. Und natürlich sollte man auch möglichst unkompliziert allen die nötige technische Ausstattung zur Verfügung stellen.

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