Digital zu gutem Deutsch

Digital zu gutem Deutsch

Isabelle Brandstetter hat ihren Master Translation in Germersheim gemacht und ist nun Lehrbeauftragte am FB 06. Neben ihrem Angestelltendasein bei einem Bildungsträger und ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Übersetzerin, Lektorin und Texterin betreut sie seit 2018 das Wahlpflichtmodul „Muttersprachliche Kompetenz für Deutsche“. Im SoSe 2020 hat sie ihre Kurse komplett asynchron gestaltet.

Als klar wurde, dass dieses Semester komplett digital ablaufen würde, was haben Sie zunächst als größte Herausforderung empfunden?

Ich empfand die Digitalisierung der Inhalte und Methoden meiner Kurse als sehr herausfordernd. Welche Medien und Mittel praktikabel sein und bei den Studierenden gut ankommen würden, war nicht von Anfang an klar. Ich wollte den Studierenden, auch als „nur“ Lehrbeauftrage, sehr gute Lehrveranstaltungen bieten. Zudem sollten diese möglichst inklusiv sein und niemanden ausschließen, zum Beispiel aufgrund einer schlechten Internetverbindung oder sich überschneidender Veranstaltungen. Das hat für mich bedeutet, dass ich mich schrittweise in die Möglichkeiten des neuen JGU-LMS einarbeiten musste, um ein breites und abwechslungsreiches Lernangebot zu schaffen. Das war sehr zeitaufwendig und wäre mir kaum möglich gewesen, wenn die Einschränkungen des öffentlichen Lebens nicht für deutlich mehr Freizeit gesorgt hätten.

Wie haben Sie Ihre Lehre gestaltet? Welche Mittel und Methoden haben Sie im SoSe 2020 eingesetzt?

Ich habe meine Veranstaltungen komplett asynchron abgehalten. Nach einer digitalen Vorstellungsrunde mit Forumsbeiträgen habe ich wochenweise Inhalte und Aufgaben eingestellt, die direkt online bearbeitet oder als Dokumente eingereicht werden mussten. Das konnten Arbeitsblätter sein, Lektüreaufgaben, Quizzes oder auch die Erstellung von Quizfragen für die anderen Studierenden. Die Studierenden konnten sich so die Arbeit innerhalb der Woche frei einteilen und es gab keinerlei Überschneidungen mit anderen Veranstaltungen. Durch einige Forumsdiskussionen und Gruppenaufgaben sollten die Studierenden zudem nicht nur mit mir, sondern auch miteinander intensiv in Kontakt stehen.

Nach fünf Wochen habe ich die Studierenden mittels der Moodle-Aktivität „Feedback“ zu ihren bisherigen Erfahrungen befragt. Ich wollte wissen, wie der wöchentliche Zeitaufwand, die eigene Leistung, der persönliche Kompetenzgewinn, die Nützlichkeit des Gelernten und vor allem auch die digitale Kommunikation und die digitale Lehre insgesamt eingeschätzt wurden. Herauskam, dass die Studierenden mit dem Lernszenario sehr zufrieden waren, vor allem mit der Kommunikation über die Foren. Kritisch gesehen wurde teilweise der Zeitaufwand für die Aufgaben. Als Reaktion auf die Rückmeldungen der Studierenden habe ich einen Aufgabentyp umgestaltet und ein gewünschtes Thema ergänzt. Zum Thema Workload habe ich den digitalen Zeitaufwand gegen den Aufwand für Präsenz- und Heimarbeit nach den ECTS-Vorgaben gerechnet und so aufzeigen können, dass wir deutlich unter dem „normalen“ Pensum lagen, auch wenn dies den Studierenden aufgrund der neuen Situation verständlicherweise anders vorkam. Das wichtigste Ergebnis der Umfrage war aber, dass die Studierenden danach viel offener mit Problemen und Fragen auf mich zukamen. Ich nehme an, dass sie sich durch die Umfrage zusätzlich ernst genommen fühlten.

Was haben Sie persönlich für Ihre Lehrtätigkeit mitgenommen? Was ist aus Ihrer Perspektive eine Chance für den Einsatz von digitaler Lehre?

Ein Aufgabentyp, den ich didaktisch und organisatorisch besonders zu schätzen gelernt habe, ist die Moodle-Aktivität „Gegenseitige Beurteilung“. Die Studierenden sollten das selbständige Lektorieren einüben. Erster Teil der Aufgabe war es, den Text eines Zeitungsartikels nach Orthografie, Interpunktion, Stil und Logik zu bewerten. Die Studierenden erhielten ein Word-Dokument, das sie über „Änderungen nachverfolgen“ korrigieren und kommentieren sollten. Das bearbeitete Dokument wurde dann wieder hochgeladen und durch den Automatismus der Moodle-Funktion an drei andere Teilnehmende weitergereicht. Im zweiten Schritt musste nun jeder die Lektoratsleistung von drei anderen Studierenden anhand eines bereitgestellten Fragenkatalogs beurteilen. Ich habe am Schluss nur noch eine Beispiellösung zur Verfügung gestellt. Für die Studierenden war dies eine anspruchsvolle und aktivierende Aufgabe, die ich als Lehrende mit vergleichsweise wenig Aufwand gestalten konnte.

Welche Herausforderungen sehen Sie zum jetzigen Zeitpunkt für einen nachhaltigen Einsatz von digitaler Lehre im nächsten Semester und in der Zukunft? Was ist nötig, um diese erfolgreich zu bewältigen?

In meinen unterschiedlichen Kursen zeigte sich, dass die Studierenden, die ich schon aus einem Vorgängerkurs kannte, sich viel eher trauten, mit Fragen und Problemen auf mich zuzukommen. Deswegen ist meiner Meinung nach im kommenden Semester bzw. beim Blended Learning generell wichtig, zum Start eine persönliche Basis zwischen Lehrenden und Lernenden herzustellen, um den Lernweg erfolgreich gestalten zu können.

Profitiert habe ich auch bei der digitalen Unterrichtsgestaltung von den Kursen, die ich in den vergangenen Jahren im Rahmen des Rheinland-Pfalz-Zertifikats für Hochschuldidaktik besucht habe. Ein tolles Angebot, das scheinbar noch wenig bekannt ist, und hoffentlich zunehmend digitalisiert weitergeführt wird.

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